Mit Zigeunern auf der Reise in den Osten
Schlieren Kulturkommission präsentiert Zigeunermusik aus Ungarn
Fünf Musiker, die sich „Kalandos“ nennen, ermöglichen den Gästen Im gut besetzten Salmensaal den Genuss von Improvisationskunst.
Zigeunermelodien führen nach Ungarn und Rumänien, ins Land des Csardas, der weiten Ebenen und der Zigeunerromanzen.
Helen Busslinger-Simmen
Sie sehen so aus, wie wir uns Zigeuner vorstellen: Stolz, dunkel, leidenschaftlich, musikalisch bis in die Fingerspitzen. Bandleader und Geiger Karel Boeschoten hat
seine vier Freunde aus Budapest eingeflogen. Er selbst lebt in der Schweiz, ist ein Meister der Improvisation und wird als „special guest“ an internationale Festivals
eingeladen. Er lässt seine Gäste erleben, wie Klassik, Jazz und osteuropäische Volksmusik ineinander verschmelzen können.
Musik, die Geschichten erzählt
Karel Boeschoten erklärt, dass jedes der gespielten Stücke seine eigene Geschichte hat: „Es sind gefühlvolle Szenen, in Ungarn ist man entweder himmelhochjauchzend
oder zu Tode betrübt.“ Schade, dass er nicht mehr zu den einzelnen Stücken sagte, die Erklärungen wären mit offenen Ohren aufgenommen worden. Die fünf
Vollblutmusiker spielten ungarische Lieder, zu Medleys zusammen gestellt, natürlich durfte der ungarische Nationaltanz Csardas nicht fehlen.
Der Klarinettist Deszö Olah liess mit lässiger Eleganz seine Klarinette singen. Am Kontrabass war Altmeister Pali Sarközi, und der Bratschist und Violinist Istvan
Farkos lachte bei seinem expressiven Spiel in sich hinein. Als Meister des Geigenspiels zeigte Boeschoten sein Faible für traditioneller ungarischer Musik,
die – wie er betonte – leider nicht mehr oft zu hören ist.
Fast wie Hackbrett
Janos Rigo liess auf seinem Cimbalom, das dem schweizerischen Hackbrett gleicht, die Klöppel tanzen: Er ging mit seinem Instrument leger um, liebäugelte mit
Jazz, präsentierte ein Cocktail aus verschiedenen musikalischen Richtungen. Kein Wunder, wird er in Budapest „Magier am Cimbalom“ genannt. Das eigenartige
Instrument weckt Interesse; in der Pause bestaunen und untersuchen die Gäste das Instrument mit den vielen Saiten.
Offensichtlich liebt die Band das Improvisieren, und zwar nicht nur auf musikalischer Ebene. Bandleader Boeschoten erklärt, warum das Cimbalom auf höchst profanen
Saal-Stühlen platziert ist: „Rigo hat den Unterbau seines Instruments in Budapest vergessen.“ Überhaupt war von den Zuhörenden etwas Fantasie verlangt. Im kahlen
Saal war es angebracht, die Augen zu schliessen und sich ein ostereuropäisches Café aus vergangenen Zeiten vorzustellen, wo bei Wein und würzigen Speisen Zigeuner
ihre Melodien erklingen lassen.