Uri von aussen gesehen

Folgende Porträts sind in der
Neuen Urner Zeitung erschienen:

Patrick Rohr

«Den Bergler in mir werde ich nie ablegen»

TV-Mann Patrick Rohr gefällt die direkte Art der Bergler. Beeindruckt haben ihn die Pranken des letzten Urner Bären.

Helen Busslinger-Simmen

Patrick Rohr, inwiefern spielt der Bergkanton Uri bei Ihren verschiedenen Kontakten eine Rolle?

Patrick Rohr: Mich als Bergler haben die Unterschiede zwischen Stadt und Land und die Diskussionen darüber schon immer sehr stark interessiert und fasziniert. So haben wir zum Beispiel erst kürzlich in «Standpunkten» im Fernsehen den Stadt-Land-Graben thematisiert. Er öffnet sich bei Abstimmungen in der Schweiz immer häufiger und löst den Röstigraben langsam ab. In der Sendung «Quer» haben wir vor einiger Zeit einmal eine hitzige Debatte veranstaltet, nachdem Avenir Suisse vorgeschlagen hatte, kein Geld mehr in die Rand­regionen fliessen zu lassen. Es hat geheissen, diese kosten bloss Geld und bringen nichts – im Gegensatz zu den städtischen Agglomerationen, wo das Geld verdient wird.

Spüren Sie den Trend «Back to the Roots» – eine Art neue Heimatliebe?

Rohr: Diesen Trend gibt es sicher, aber mir fällt auf, dass er sich vor allem in der Ferien- und Freizeitgestaltung bemerkbar macht. Ansonsten stelle ich – nicht nur in der Schweiz – einen starken Trend zur Stadt fest. Auch ich persönlich kann mir nicht vorstellen, nicht mehr in der Stadt zu leben, finde es aber herrlich, zwischendurch in die Berge zu gehen, zu wandern und die herrliche Luft zu geniessen.

Sie kommen aus dem Wallis. Was blieb bei Ihnen von der Bodenständigkeit der Walliser haften?

Rohr: Den Bergler in mir werde ich nie ablegen und auch nicht ablegen wollen. Den zweiten Teil meiner Jugend verbrachte ich im Wallis. Geboren bin ich aber im Kanton Glarus. Im ersten Teil der Jugend trennte mich der Klausenpass vom Kanton Uri, im zweiten der Furkapass. Mir gefällt die direkte Art der Bergler, das Verbindliche, wenn sie jemanden in ihr Herz geschlossen haben. Da ist ein Wort ein Wort. Auf der andern Seite stört mich an den Bergkantonen, dass sie sich Neuem gegenüber oft wenig offen zeigen und sich gegen den Fortschritt und die Modernisierung in unserem Land stemmen. Die Welt dreht sich weiter, allein mit Bewahren bleibt man stehen.

Kennen Sie den Kanton Uri?

Rohr: Ja, und nicht nur von unseren Familienreisen vom Glarnerland ins Wallis und umgekehrt, sondern auch von andern Erfahrungen. So erlebte ich eines meiner schönsten Pfadilager im Jahr 1983 als 15-Jähriger in Isenthal. Ich denke noch heute oft an die fantastischen Wochen zurück. Ich weiss noch, wie mich damals die zwei Pranken des letzten Urner Bären beeindruckt haben.

Bei welchen Politikern haben Sie eine besondere Sensibilität zur Bergbevölkerung gespürt?

Rohr: Vor allem bei jenen, die selber aus den Bergen kommen. Ich finde es gut, wenn die Bergvertreter sich für die Randregionen einsetzen, denn im Gegensatz zu Avenir Suisse bin ich nicht der Meinung, dass man die Randregionen ausbluten lassen sollte. Aber wenn ich den Eindruck habe, dass die Bergvertreter einfach die hohle Hand in Bern machen, um auf Kosten der strukturstärkeren Kantone zu gesunden, gleichzeitig aber den Fortschritt der städtischen Agglomerationen zu verhindern versuchen, dann stört mich das immer sehr.

Haben Bergbauern wirtschaftliche Chancen?

Rohr: Meine Schwiegereltern in Obwalden sind bis zu ihrer Pensionierung als Bergbauern tätig gewesen. Ich habe des Öftern gesehen, wie schwierig es in Tat und Wahrheit ist, in diesem Beruf überleben zu können. Ich bin der Meinung, dass die Subventionen des Bundes bei den Bergbauern absolut Sinn machen. Denn die Bauern sind es, die unsere fantastische und wunderschöne Berglandschaft kultivieren und vor der drohenden Verwilderung schützen – was wiederum dem Tourismus zugutekommt.

Wie sehen Sie einen nachhaltigen und umweltverträglichen Tourismus?

Rohr: Bei jedem touristischen Projekt müssen wir fragen, wie man am besten zur Umwelt Sorge tragen kann. Wir dürfen meines Erachtens nie mehr die Sünden – vor allem die Bausünden – begehen, wie wir sie beispielsweise in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts in den absolut schrecklichen Retortenorten im Unterwallis begangen haben. Ich bin auch gegen Megaprojekte wie zum Beispiel völlig überdimensionierte Skigebiete. Heute sollten wir schlauer sein und auch an die Generationen nach uns denken.

Welches Erlebnis in den Bergen war für Sie prägend?

Rohr: Oh, wenn ich jetzt beginnen würde, alles aufzuzählen, was ich in den Berggebieten mit den Menschen Schönes erlebt habe, bräuchte ich viel Platz. Ich habe so viel Prägendes erlebt, zum Beispiel auf meinen unzähligen Bergtouren, in den Nächten am Lagerfeuer und unter freiem Himmel oder in den Alphütten. Es ist unmöglich, hier alles aufzuzählen. Aber Fakt ist: Die Berge haben mich geprägt, und dafür bin ich dankbar.