Uri von aussen gesehen

Folgende Porträts sind in der
Neuen Urner Zeitung erschienen:

Moritz Leuenberger

Ein Urner Bergkristall ist sein Talisman

Uri Moritz Leuenberger hatte immer wieder Kontakt mit dem Kanton Uri. «Uri hat mich mehr gefordert als andere Kantone», sagt er heute. Moritz Leuenberger war von 1995 bis 2010 Mitglied des Bundesrats und stand dem Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie

Helen Busslinger-Simmen

Moritz Leuenberger, hat Sie der Kanton Uri während Ihrer Amtszeit als Bundesrat eigentlich mehr gefordert als andere Kantone?

Moritz Leuenberger: Das kann man effektiv sagen. Ich denke beispielsweise an Steinschläge auf die Autobahn, an den Brand im Gotthard-Strassentunnel, die Raumplanung in Andermatt, eine Abzweigung im Neat-Basistunnel für eine eventuelle noch längere Variante.

Welche Erinnerung an den Kanton Uri ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Leuenberger: Gleich zu Beginn meiner Wahl lud mich der Urner Regierungsrat zu einer Aussprache ein. Allein das tut schon nicht jeder Kanton. Doch dann wurde mir auch noch ein wunderbarer Bergkristall überreicht. Der steht heute noch in meiner Sichtweite. Er ist zu meinem eigentlichen Talisman geworden.

Unvergesslich ist vielen Ihr Auftritt mit Adolf Ogi beim Durchstich des Neat-Basistunnels.

Leuenberger: Die spontane Umarmung mit Adolf Ogi, als wir beide von Gefühlen überwältigt wurden, war schon einmalig, vor allem für mich, der ich sonst eher etwas nüchtern bin. Immerhin ging da etwas in Erfüllung, für das wir lange gekämpft hatten. Es ging auch um eine Sache, in deren Zusammenhang uns immer wieder prophezeit wurde, wir würden damit scheitern.

Wie beurteilen Sie im Nachhinein ­diesen historischen Moment? War das für Sie auch ein Sieg des Menschen über die Natur?

Leuenberger: Nein, der Berg hat uns ja nichts zuleide getan, nicht wie ein Fluss, der immer weder über die Ufer tritt. Ich sagte in meiner Rede beim Durchstich: «Der Berg ist gross, wir sind klein.» Es war für mich vor allem ein Sieg der Demokratie, denn es brauchte mehrere Volksabstimmungen, um das Werk innen- und aussenpolitisch abzusichern.

Ihre Auftritte nach Katastrophen wie dem Brand im Gotthard-Strassen­tunnel, dem Flugzeugabsturz in ­Überlingen oder dem Attentat im Parlamentsgebäude in Zug waren ­beispielhaft. Bekamen Sie in solchen Situationen spezielle Reaktionen?

Leuenberger: Meist sagten mir die Betroffenen: «Sie haben gesagt, was in meinem Herzen ist, was ich aber nicht ausdrücken kann.» Das ist eigentlich das schönste Kompliment, so traurig die Anlässe auch immer waren.

Sie haben als Vorsteher des Uvek die Bereiche Verkehr und Umwelt mit einer ökologischen Klammer verbunden. Wie sehen Sie dies rückblickend?

Leuenberger: Ich bin heute noch dem Gesamtbundesrat dankbar, dass er mir die Umwelt und Raumplanung zu den Infrastrukturen gegeben hat. So konnte ich ein eigentliches Nachhaltigkeits­departement aufbauen, um das mich Minister anderer Länder sehr beneideten. Dieser Geist wird weitergeführt. Das Personal ist ja im Grossen und Ganzen gleich geblieben, und alle arbeiten gut zusammen.

Sie mussten im Zusammenhang mit Verkehr und Postbetrieb aber auch mehrmals die Rolle des «Sündenbocks» übernehmen. Klingt das nach?

Leuenberger: Das war unter anderem eine Folge der personalisierten Zuspitzungen, wie sie die mediale Welt mit sich bringt. Das hat mich nicht sehr gestört. Nur einmal war es bösartig: beim Anflugverkehr auf Zürich. Doch selbst diese Wunde ist vernarbt.

Welche der vielen Ehrungen, die Sie als Politiker erhalten haben, hat Sie eigentlich am meisten gefreut?

Leuenberger: Das war sicher der Cicero-Preis, mit dem ich 2003 für die beste politische Rede im deutschsprachigen Raum ausgezeichnet wurde. Er ist auch in der Schweiz sehr beachtet worden. Immer noch bin ich der einzige Schweizer, der diesen Preis je erhalten hat.