Uri von aussen gesehen

Folgende Porträts sind in der
Neuen Urner Zeitung erschienen:

Hanspeter Danuser

«Eine intakte Umwelt ist im Tourismus eminent wichtig»

Der ehemalige «König» von St. Moritz staunt über Uri: «Kein Kanton hat heute derart faszinierende Projekte am Laufen.»

Helen Busslinger-Simmen
Der 65-jährige Hanspeter Danuser war von 1978 bis 2008 Kurdirektor und CEO des Kur- und Verkehrsvereins St. Moritz. Er hat den Bündner Nobelkurort zur Weltmarke gemacht. Danuser gilt heute als einer der erfolgreichsten Verkehrs- und Kurdirektoren, den die Schweiz je erlebt hat. Er sprüht vor Ideen, ist ein Pionier des Tourismus und nicht zuletzt einer, dem auch der Naturschutz wichtig ist.

Hanspeter Danuser, wie gut kennen Sie den Kanton Uri?

Hanspeter Danuser: Ich kenne und mag den Kanton Uri gut und seit langem. Spontan kommen mir in den Sinn: erste Schulreise mit Übernachtung im «Roten Schuh» am Vierwaldstättersee, Militärdienst in Andermatt und auf dem Urnerboden, Wanderungen auf dem Weg der Schweiz, Wilhelm Tell in allen Variationen, inklusive Matura-Thema (lacht). Und noch etwas: Ohne Uri und seinen Gotthardpass gäbe es heute keine Schweiz!

Sie haben St. Moritz als ersten geschützten Ortsnamen registrieren lassen. Muss Andermatt nachziehen?

Danuser: Unbedingt! Andermatt wird als wertvolle Marke aufgebaut, klar positioniert, geschützt und professionell gepflegt. Die Destination Urserntal ist gerade dran, zusammen mit der Bevölkerung und den Leuten rund um Samih Sawiris die entsprechenden Grundlagen dafür zu erarbeiten: ein Leitbild mit Visionen, Missionen, Werten – alles, was eben zu einer starken Marke gehört.

Und wie sieht es mit dem Schutz der Natur aus?

Danuser: Ohne intakte Naturlandschaften, welche die Sinne erfreuen, ist Tourismus nicht möglich. Zum Glück sind Landschaft und Siedlungen in Uri weitgehend intakt, gepflegt und schützenswert. Uri ist ein kompatibler Kanton mit einem naturverbundenen und offenen Volksschlag. Natürlich prägt die Gotthardachse mit all ihren Bauten, Trassees, Brücken und Viadukten das Bild – die ganze Geschichte des Schweizer Strassen-, Schienen- und Passverkehrs beispielhaft auf kleinem Raum!

Sie haben als Kurdirektor grosse Anstrengungen unternommen, um in St. Moritz Zweitwohnungen besser zu nutzen. Ist es Ihnen gelungen?

Danuser: Ein Kurdirektor ohne Partei und Stammtisch hat wenig Macht, aber einigen Einfluss. Ich habe seit den 1980er-Jahren penetrant auf das Problem der kalten Betten hingewiesen und regelmässig die aktuellen Zahlen des «Piz Matratz» veröffentlicht, um die Leute zu sensibilisieren. Als in den 1990er-Jahren dann über 100 000 Betten im Oberengadin standen, war das für viele genug. 2005 stimmten 72 Prozent der aktiven Stimmbürger für eine Kontingentierung der Zweitwohnungen. Trotzdem verzeichnen diese einen Anteil von rund 60 Prozent. Das ist dreimal mehr, als am 11. März 2012 bei der eidgenössischen Volksabstimmung zur Zweitwohnungsinitiative festgelegt wurde.

In Andermatt könnten die Reichsten der Reichen mit den Einheimischen zusammentreffen. Werden Probleme entstehen?

Danuser: Wenn die Lebensqualität der Einheimischen, Zugezogenen und Angestellten stimmt, ergeben sich aus dem Kontakt mit reichen Gästen aus aller Welt keine Probleme. Diese schätzen den Tourismus sogar sehr. Er schafft für viele Arbeit und Verdienst. Nur zufriedene Menschen können auf Dauer freundlich und authentisch sein und dem Gast ein echtes Wohlgefühl vermitteln.

Sie selbst leben nach eigener Aussage asketisch? Warum?

Danuser: Wenn Sie gut 30 Jahre ohne grössere bleibende Schäden als Kurdirektor überleben wollen, brauchen Sie dazu die Energie und Robustheit eines Schlachtrosses – und die Disziplin eines altgedienten Grenadiers. Das heisst für mich: kein Nikotin, wenig Zucker, Fett und Alkohol, viel Schlaf und Bewegung und dazu einen fast pathologischen Optimismus. Für mich ist auch ein leeres Glas noch halb voll – aber eben mit Wasser, nicht mit Grappa. (lacht) Dass man trotzdem viel Spass und Freude haben kann in diesem Beruf, das habe ich täglich erlebt. Ich würde ihn nochmals packen!

Wie sehen Sie zusammenfassend den Kanton Uri?

Danuser: Uri ist ein sympathischer Kanton mit einer aufgestellten Bevölkerung und einer vernünftigen Regierung. Wie diese die «Chance Sawiris» bisher gehandhabt hat, das ist beispielhaft. Kein anderer Kanton hat heute und auf Jahre hinaus derart faszinierende Projekte am Laufen wie das «kleine» Uri: den längsten Eisenbahntunnel der Welt und das «neue» Andermatt. Der Gotthard-Basistunnel der Neat ist die Krönung und das Aushängeschild des gesamten Swiss-Travel-Systems und Swiss Engineering. Andermatt wird zu einem Paradeprojekt mit weltweiter Beachtung. Da kann ich als Bündner nur gratulieren!