Al Imfeld ist Theologe und Schriftsteller. Er analysiert die Figur des Teufels in alten Urner Sagen und nimmt Bezug auf das Stück «Tyyfelsbrigg».
Helen Busslinger-Simmen
Im Stück «Tyyfelsbrigg» verkörpert der Teufel List und Intrige. Gehört das zu dieser Gestalt?
Al Imfeld: Wenn «dr Tyyfel» intrigiert, Menschen reinlegt und sich darüber krumm lacht, ist das eben sein Wesen.
In den Urner Sagen überlisten aber die Urner «dr Tyyfel».
Imfeld: Diese Sagen lehren die Urner, in oft ausweglosen und unüberbrückbaren Gegebenheiten nach einfachen oder sogar schlitzohrigen
Lösungen zu suchen. Die Naturgewalten in Uri können - genau wie in andern Berggebieten - teuflisch sein. Doch Cleverness findet einen Ausweg.
Warum wird gerade in Berggebieten vom Teufel gesprochen?
Imfeld: Der Teufel ist in allen katholischen Berggebeten der Alpen vertreten. Er ist das anschauliche Gegenstück zu einem Gott, von dem
die Menschen sich kaum ein Bild machen können. Er ist eine zentrale Gestalt im Welttheater Gottes, eine sichtbare Gegenkraft. Weil der
Teufel ein Schlitzohr ist, schlau und raffiniert, ist er eine ziemlich beliebte Figur. Menschen in Berggebieten sind etwas tolpatschig, aber nicht
weniger schlau. So ist es ein beliebtes menschliches Drama, wenn Mensch und Teufel sich messen. Die Teufelsgestalt in den Sagen zeigt uns,
dass Menschen ohne Tricks und List in schwierigen Situationen wenig fertigbringen. Weil es überall Kräfte gibt, die die Menschen zu überlisten
versuchen. Die Figur des Teufels wird geradezu ein pädagogisches Paradigma: Werde so klug, dass du dich mit dem Teufel messen kannst.
Ist der Teufel die Symbolgestalt des Bösen?
Imfeld: Der Teufel ist ursprünglich eine Lichtgestalt, dem seine Verschlagenheit zum Verhängnis wird. Er ist nicht unbedingt das Böse; er ist
einer, der seine Talente missbraucht und gegen andere einsetzt - eine anschauliche Machtfigur.
Sind Hinterlist und Tücke teuflische Eigenschaften?
Imfeld: Ja. Wenn man davon spricht, meint man nicht einfach gut oder bös, sondern List und Tücke, Verschlagenheit und Raffinesse. Wenn
Menschen auf diese Ebene der Verdächtigung gelangen, ist das schlimmer als der Teufel. Die Menschen haben im Laufe ihrer langen Geschichte
stets versucht, menschliche Schwächen zu Figuren ihres Welttheaters zu machen.
Ist aus theologischer Sicht der Teufel der Gegenspieler Gottes?
Imfeld: Aus Sicht der Theologiegeschichte stammt die Figur des Teufels aus dem mittelöstlichen Dualismus. Der Teufel spielt seine
Wichtigkeit in einer dualistischen Denkweise aus. Dort, wo Gott unbedingt eine Gegenkraft braucht. Er stammt eigentlich aus einer Tradition, in
der alles Irdische, Weltliche, Körperliche und Sexuelle dem Teufel zugeordnet wurde.
Wie würden Sie einem Kind die Figur «Teufel» erklären?
Imfeld: Ich würde Legenden und Sagen erzählen und sie erklären. Etwa so: Ja, es gibt verschlagene Kräfte, mein Kind, du kannst sie jedoch
ausbooten, wenn du den Trick des Bösen erkennst. Ich würde also Sagen wie die «Teufelsbrücke» mit dem Teufel einbauen. Das macht
Spass und vermeidet Angst. Für mich sind Sagen die «Bibel des Volkes», die sehr oft falsch ausgelegt werden.