Limmattalk

Folgende Porträts sind im
Limmattaler Tagblatt erschienen:
Hannes Schwarz

Limmattaler Arzt in Kriegsgebieten

Dietikon Limmattalk mit Hannes Schwarz und Daniel Winter

Wer sich diesmal im vollen Stadtkeller zum Limmattalk einfand, bereute es nicht. Das Gespräch zwischen dem ehemaligen Chirurgen des Spital Limmattal und Chefredaktor Daniel Winter ging zu Herzen.

Helen Busslinger-Simmen
Gleich zu Beginn stellte Daniel Winter die Frage, die spürbar im Raum war: „Warum geht ein erfolgreicher Chirurg im Pensionsalter zum IKRK, um in den schlimmsten Krisengebieten der Welt Menschen zu helfen?“ Dieser Wunsch habe er schon immer gehabt und jahrzehntelang zurückbehalten, bekannte Schwarz. „Als ich mich in Genf beim IKRK meldete, wirkte ich auf die Jüngeren wie ein Vater – das blieb ich denn auch“, schmunzelte er. Er hat aus Vaterrolle, in der er als IKRK-Delegierter tätig war, das Beste gemacht, das er machen konnte.

Etwas tun für die andern

Hannes Schwarz führte aus, dass er nach einer IKRK-Ausbildung in Genf jeweils 4 Monate im Einsatz gewesen sei, und zwar auf der ganzen Welt. Er war gefasst darauf, grossem Elend zu begegnen. Besonders zu Herzen gingen ihm die von Soldaten begleiteten Flüchtlingsströme – Vertriebene, Heimatlose ohne Rechte. „Wir können es uns nicht vorstellen“, sagte er und fügte bei, ohne internationale Hilfe wären diese Vertriebenen verloren. Gerade deshalb sei ein Einsatz von IKRK-Delgierten unverzichtbar.

„Wie ist das zu verarbeiten, wie hält man es aus?“, fragte Daniel Winter ganz im Sinn der atemlos zuhörenden Gäste. „Das Motiv, in einer guten und erfolgreichen Mission unterwegs zu sein, der Not der Kriegsopfer etwas entgegen setzen zu können, das gibt unglaublich viel Kraft. Ich dachte nie an ein Aufgeben“, sagte Schwarz mit Bestimmtheit.

Was zu tun ist

Auf die Frage, wie der Alltag eines IKRK-Delegierter aussehe, führte Schwarz aus: „Ich musste herausfinden, was die Menschen brauchen und dies zu beschaffen versuchen, ich begleitete Flüchtlingsströme, arbeitete bei jenen Suchdiensten mit, die auseinander gesprengte Familien zusammen bringen, kümmerte mich um Wasser, Nahrung und Obdach und verarztete jene Menschen, die es nötig hatten.“

Die Frage Daniel Winters nach den Gefahren und den Umgang damit beantwortete Schwarz eindeutig: „Angst hat man immer.“ Mit der Zeit habe er aber einen Instinkt, ein gewisses Feeling für Gefahrenzonen entwickelt, seine Wege und Umwege und Fahrten gut überdacht. Ohnehin sei in Krisengebieten ein einsamer Aufenthalt nachts im Freien lebensgefährlich.

Segen einer neutralen Institution

Der IKRK-Ausweis und der Schweizer Pass, Sinnbilder der Neutralität, seien sehr hilfreich gewesen, betonte Schwarz: „Wir mussten immer und überall zuerst Vertrauen schaffen, das war unsere Chance. “ Zum Auftrag eines IKRK-Delegierten gehört, dass man sich nicht politisch einmischt, sich in fremde Kulturen einbinden lässt und nicht urteilt und verurteilt: „Es geht um die Hilfe an Kriegsopfern und um nichts anderes. Das macht die Aufgabe einfach und menschlich.“

„Die Tätigkeiten der IKRK-Delegierten werden nicht an die Öffentlichkeit gebracht“, so Schwarz. Denn IKRK kann nur als neutrale Institution segensreich wirken, erst die Neutralität garantiert das Vertrauen der Welt. Das IKRK ist ja die einzige humanitäre Institution, die von der Staatengemeinschaft beauftragt ist, Kriegsopfern in der Welt Hilfe zu bringen. IKRK hat zudem für die Einhaltung des humanitären Völkerrechts zu sorgen.

Einsatz gegen Landminen

Daniel Winter lud Schwarz ein, von seinem Engagement für Minenopfer zu berichten. Schwarz: „Wie man weiss, fallen jedes Jahr Tausende den Landminen zum Opfer. Die Überlebenden haben schwerste Verletzungen, die oft eine Amputation verlangen.“ Minen-Verletzungen bereiten den Ärzten die grössten Sorgen, sie sind schwierig zu behandeln. Mit solchen Verletzungen haben es alle schwer, einen Platz in der Gesellschaft zu finden. Dies betrifft besonders die Frauen - oft genug werden sie ausgegrenzt.

„Landminen sind eine stete Bedrohung, unter der mehr als 60 Staaten leiden“, fügt Schwarz bei und bedauerte, dass Zivilisten, vor allem Kinder, die auf die Felder gehen, Minenopfer werden können. So ergriff er die Gelegenheit, für ein Projekt gegen Landminen zu werben, und zwar für MINE-EX Stiftung der Rotary Schweiz: Es ist eine anerkannte Stiftung, das IKRK ist Kooperationspartner und garantiert, dass die Mittel dieser Stiftung ohne administrative Abzüge eingesetzt werden.

Einsatz für Menschenwürde

„Helfen ist gar nicht so einfach, wie man denkt“, betonte Schwarz gegen Ende des Gesprächs. Immer gehe es um die Würde des Menschen. Jeder Mensch, gerade der verletzte Mensch haben seinen Stolz, den man nicht mit Füssen treten dürfe. Das brauche Einfühlungsvermögen und Respekt. – Am Schluss der Gesprächsrunde war Betroffenheit spürbar. Es war keine unangenehme Stille, sondern ein spürbares Nachsinnen und Nachdenken, ein solidarisches Schweigen.