In Uri heimisch geworden

Folgende Porträts sind in der
Neuen Urner Zeitung erschienen:
Stefan Dietrich

Ich erlebe die Urner als sehr offene Menschen

Der reformierte Pfarrer Stefan Dietrich berichtet über seine 5jährigen Erfahrungen

Für die reformierte Kirche ist der Kanton Uri Diaspora. Doch der 35 jährige Pfarrer Dietrich ist begeistert von der ökumenische Zusammenarbeit und allgemein von der Aufgeschlossenheit der Bevölkerung.

Helen Busslinger-Simmen
Als Stefan Dietrich mit seiner Frau Christine zum ersten Mal durch Altdorf spazierte und den Aushang im Theater Uri sah, staunte er ob der Fülle der Angebote. Seine Verwunderung über den Einfallsreichtum der Urner ist im Lauf der Jahre noch grösser geworden. „Kulturell bietet Uri sehr viel, von Jazz bis zu Kirchenmusik“ freut sich der evangelisch-reformierte Pfarrer, der Ende 2003 mit seiner Frau von Basel in den Kanton Uri gezogen ist.

Basler sind ja bekannt für ihren Humor. „Angezündet werden“, das mag denn auch der reformierte Pfarrer. Er schätzt die direkte Art der Bevölkerung, die ohne Umschweife sagt, was Sache ist. Hier gibt es gemäss seinen Erfahrungen kaum Intrigen hintenherum, es wird vieles offen gelegt, was an andern Orten verdunkelt wird.

Erfreuliche Zusammenarbeit

Dass die evangelisch-reformierten und römisch-katholischen Kirchgemeinden im Kanton Uri gut miteinander harmonieren, hat bereits Tradition. Und dies schätzt Stefan Dietrich: „Mich freut es, wenn ich im Gespräch mit den katholischen Kollegen etwas vom katholischen Glaubensgut erfahre“, sagt er, der sich seine jugendliche Neugier erhalten hat. Für beide Kirchgemeinden ist es klar, dass viele Angebote gemeinsam gemacht werden. Bei Kindern und Jugendlichen ist dies am einfachsten, weil sie einfach ihre Kollegen mitnehmen.

Es gibt viele Neuerungen, welche die ökumenische Zusammenarbeit erleichtern. So kann sich ein Paar ökumenisch trauen lassen: Wenn nur ein reformierter Pfarrer da ist, gilt die Heirat als Sakrament, wenn der katholische Partner vom Bischof die Erlaubnis (die so genannte Formdiespenz) einholt. Bei Beerdigungen ist es längst selbstverständlich, dass die reformierte Trauergemeinde die katholische Kirche benützen kann und dass es im Friedhof keine abgeteilte Gräberordnung mehr gibt.

Das evangelisch-reformierte Kirchgemeindehaus ist eines der kulturellen Zentren vor Ort, in dem die verschiedensten Angebote gemacht werden, von den beliebten Konzerten bis zu Yoga-Stunden.

Kein starkes Wachstum in Sicht

Im Kanton Uri hat es in Altdorf, Erstfeld, Andermatt und Göschenen efangelisch-reformierte Kirchen, wobei die Kirche in Göschenen selten benützt wird. Etwa 6 Prozent der Urner Bevölkerung, also rund 2000 Personen, sind reformiert. Zur evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Altdorf und Umgebung gehören 12 Gemeinden.

Diese Kirchgemeinden wuchsen mit reformierten Einwanderern. Denn die SBB, die Munitionsfabrik (heute Ruag) und die Dätwyler AG holten Arbeitskräfte in den Kanton Uri. „Heute nimmt die Gemeinde nicht mehr stark zu“, sagt Dietrich. Umso wichtiger ist für das Ehepaar Dietrich, das im Job-Sharing die Gemeinde betreut, die Altersarbeit. „Ich mag die Begegnung mit den älteren Kirchgemeindemitgliedern, ich höre ihnen gern zu und kann viel lernen“, so Stefan Dietrich. Gerade bei Todesfällen sei die persönliche Betreuung eine grosse Chance. - Dank einem geschickten innerkantonalen Finanzausgleich zwischen der evangelisch-reformierten Urner Kirchgemeinden sind auch die finanziellen Voraussetzungen intakt.

Teamplayer im Element

„Ich bin ein Teammensch und schätze es, in Gruppen zu arbeiten. Es gibt rund 50 Freiwillige, welche unsere Arbeit nachhaltig unterstützen und bereichern“, freut sich Dietrich. Etwa im Bereich der Entwicklungshilfe, des Unterrichts, der Bibellektüre, der Gottesdienste und der Jugendarbeit.

„Das schöne Kirchgemeindehaus, die schlichte Kirche und die wunderbare Lage inmitten der Berge erleichtert uns natürlich die Arbeit hier an Ort“, sagt Dietrich, der seine Erlebnisse beim Schreiben von Erzählungen und Gedichten verarbeitet und klassische Gitarre spielt.